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Perspektivwechsel:

Kein Spiel zwischen Männern.

Auffällig an der Berichterstattung sowohl über „Clans“ als auch über Mafia allgemein sind die stereotypen Vorstellungen von Geschlecht. Wie im klassischen Kriminalroman geht es um männliche Schurken, die einander bekämpfen, auf der einen Seite, um männliche Helden, die als Staatsanwälte, Polizisten oder Journalisten in den Ring steigen, um gegen das Böse in der Welt zu kämpfen, auf der anderen Seite. Frauen und nicht-binäre Personen fehlen fast vollständig in der öffentlichen Darstellung des Themas.
 

Dies deutet auf eine ideologische Verzerrung der tatsächlichen Verhältnisse hin. Hier kann ein geschlechterreflektierender Ansatz hilfreich sein, um zu einem differenzierten Verständnis der Situation zu gelangen. Gleichzeitig ermöglicht ein solcher Ansatz langfristig, dass sich mehr Menschen mit mafiöser Organisierter Kriminalität (mOK) befassen oder gar zivilgesellschaftlich dagegen vorgehen möchten. Denn solange mOK und deren Bekämpfung als Spiel zwischen Männern gilt, bleibt das Engagement gegen diese undemokratischen Strukturen für viele unattraktiv.

Betroffene als Expert*innen

Anstatt nach den Täter*innen zu forschen, wendet sich Echolot (möglichen) Betroffenen und Opfern zu und stärkt deren Resilienz und Abwehrstrategien gegen mafiöse Organisierte Kriminalität (mOK). Wo starke mOK-Strukturen bestehen, gibt es auch besonders viele Betroffene von mOK. Dazu kommt eine Grauzone, in der informelle, manchmal familiäre Kontakte Täter*innen und Betroffene miteinander verbinden oder wo beide Rollen verschwimmen. Personen, die den betroffenen Communitys angehören, sollten als potenzielle Expert*innen für das Thema wahrgenommen werden. Gegenstrategien sollten passgenau mit ihnen gemeinsam entwickelt werden.

Rassismus als Thema

Im Falle migrantischer urbaner mOK-Strukturen stehen Betroffene oftmals vor mehreren und sich gegenseitig verschärfenden Problemen. So sind sie unter Umständen nicht „nur“ von Gewalt oder Einschüchterung betroffen, sondern zudem damit konfrontiert, dass diese ihnen als Gruppe rassistisch zugeschrieben wird. Sie wissen also ggf. von mafiösen Strukturen, können sie aber schwerlich benennen, ohne damit das Risiko einzugehen, rassistische Stigmatisierungen auszulösen oder zu verstärken. Die Katastrophe des rechtsterroristischen Anschlags vom 19. Februar 2020 zeigte, wohin eine undifferenzierte und rassistische mediale Aufladung bestimmter Alltagsbilder – hier: von Shisha-Bars – im schlimmsten Fall führen kann. Dazu kommt, dass Betroffene sich möglicherweise von demokratischen Strukturen abwenden, wenn sie repressive Polizeimaßnahmen als rassistisch, ungerecht und willkürlich erleben.


Der Einsatz für demokratische Kultur im urbanen Raum Berlins muss sowohl Rassismus als auch mafiöse Organisierte Kriminalität (mOK) in den Blick nehmen. Tut er dies nicht, wird er nicht glaubwürdig sein – insbesondere nicht für jene Menschen, die (potenziell) von beidem betroffen sind.

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